Montag, 12. August 2024

Jetzt erst recht-Tour 2024 "Die zwei Pisser" (Teil 1)

 Tag 1

Montagmorgen früh um 0600 Uhr Weckerklingeln. Aufstehen, mit Jonny raus, zurück und alles startklar für die Sommertour 2024 machen. Rucksackgewicht 24,05 kg- ein Kilo weniger als letztes Jahr, sogar 2,5 Kilo weniger als vor zwei Jahren. Um 1048 Uhr schließen wir die Wohnungstür hinter uns, alles klar!

Mit der Strassenbahn gehts zum Hauptbahnhof, ohne Umstieg gehts direkt nach Hannover. Dort kennen wir uns schon vom letzten Jahr aus und fahren direkt, nach Zigaretten- und Cafèpäuschen mit dem Bus kurz hinter die Stadtgrenze und beziehen Quartier auf unserem bekannten, geplanten und geliebten Platz wenige Meter vom Arnumer See entfernt. Natürlich springe ich nach getaner Tagesarbeit in den See, d.h. Anschwimmen 2024- Juhuuh!

Das lief heute einfach ungewohnt richtig gut für einen Starttag! Ich habe(aber) einen ebenso ungewohnt übergrossen Bierdurst, ich esse nicht wie gewohnt und es schwindelt mir beim Einschlafen.


Tag 2

Oh je, oh je, oh je! Ich fühle mich zurückversetzt in meine Pubertät, viel zuviel Bier gestern Abend, kein Essen, ich bin völlig ausser Gefecht gesetzt. Sowas ist mir seit Jahren nicht passiert, es dauert bis in den Mittag hinein, dass ich etwas Nahrung aufnehmen kann, was dann Stückchen für Stückchen meine Kräfte zurückbringt. Ich geh nochmal schwimmen und abends schmeckt das Bier zum Glück schon wieder ganz gut.

Tag 3
Hannover war ja nur der geplante Sprung nach Draussen, heute gehts schon wie geplant weiter nach Leiden/ Niederlande. Diese Fahrkarten sowie die nach Hannover als auch den Campingplatz hier hatte ich im Vorfeld der Tour organisiert, alles andere ist jetzt spontan. Wir haben kein Smartphone, nur Papierkarten.
 Die Zugfahrt ist schon sehr lange, dann kommt eine Verspätung noch in Deutschland wegen Signalstörung und schließlich kurz vor dem Hauptbahnhof in Amsterdam eine wegen eines nackten Menschen auf den Gleisen hinzu. Umstieg in den deswegen völlig überfüllten Zug nach Leiden, etwa 35 Minuten. Die Touristenformation ist schon geschlossen, aber wir bekommen trotzdem die nötigen Informationen und laufen durch das auf den ersten Eindruck unglaublich hübsche Städtchen Leiden in Richtung Campingplatz. Der Weg zieht sich und wir verlaufen uns. Als wir auf der letzten Rille viel zu spät ankommen wissen wir nicht, wie's nun ist. Erstmal schnell noch duschen und dann Feierabendbier um 2201 Uhr! 

Tag 4
Könnte wohl schlechter sein, die Sonne scheint, der Platz ist klein, hübsch und grün, direkt am Rande eines Naturschutzgebietes gelegen und wir freuen uns heute Leiden zu erkunden. Es gibt auf dem Platz zwar keine richtige Küche und ich habe dieses Jahr auf Feuer zum Kochen bewusst verzichtet, aber einen Wasserkocher und einen Kühlschrank. Ich finde eine geöffnete Tüte mit Cafèpulver, die wohl zurückgelassen wurde und koche mir daraus einen Cafè griechischer Art. Ich werde belohnt, hervorragender Cafè inklusive Koffein! Der Cafè am Morgen ist mir gewiss. 
Es ist heiss und auch am 4. Tourtag sind wir noch nicht komplett im Touralltag angekommen. Auch das immer wieder notwendige Leinengehen gestaltet sich mit Jonny erwartungsgemäß mühsam. Aber wir arbeiten konzentriert daran alles in den Griff zu bekommen. Wir sind ein Team, das ist entscheidend! Es war geplant in oder um Leiden einen Platz zu finden, der zu uns passt und wo wir dann länger bleiben würden- das hat wie es ausschaut auf Anhieb geklappt. 
Auch heute Abend belohnen wir uns mit Dusche und Bier.

Tag 5
Nach dem Stadt- und Tagestourentag gestern lassen wir es heute gemütlich angehen und erkunden das Naturschutzgebiet. Sehr entspannt bummeln wir durchs grüne Grün.
Heute ist zudem Sommerfest auf dem Campingplatz und wir genießen nachmittags typisch niederländisches Frittiertes(Poffertjes) und einen alkoholfreien Cocktail. Auch Jonnys Abendessen ist schon rein optisch ein Leckerbissen, wie ich finde. Beim Abendründchen wird noch ordentlich Heu gemacht und die Traktorenmaschine erinnert mich an Edward mit den Scherenhänden.

Tag 6
Heute gehts ans Meer, an die Nordsee, Katwijk!
Zunächst aber Cafè und kleines Morgenründchen durchs Naturschutzgebiet. Eine Frau die uns begegnet schenkt uns ein frischgelegtes Hühnerei. Es gibt eine kleine Farm mit Tieren und einer Gastronomie nur etwa 200 m entfernt. Ich freue und bedanke mich, weiss aber gar nicht wie kochen, vielleicht weiterverschenken. Dann kommt mir die Idee mit dem Wasserkocher, was super funktioniert- ich hatte noch nie ein so frisches hartgekochtes Hühnerei!
Jonny ist auf dem Campingplatz gern gesehen, es wird geduldet, dass er ohne Leine hinter mir herdackelt. Der freundliche alte Hund wird bewundert und verbreitet Freude durch seine Offenheit. Überall schafft er es alleine durch sein Auftreten den Menschen ein Lächeln zu entlocken. Auch ich profitiere davon und bekomme Pesto für mich und Leckerlie für Jonny geschenkt.
Dann gehts nach gutem Frühstück los. Erst mit der Bahn zum Hauptbahnhof Leiden, dann im völlig überfüllten Bus ans Meer. Es ist unerträglich eng und heiss, ich glaube es gibt keinen anderen Hund auf dieser Welt, der das mit einer solchen Ruhe über sich ergehen lässt. 
Ein anderes Thema sind die Niederlande und ihr elektronisches Bezahlsystem. Öffentliche Verkehrsmittel sind eigentlich nur mit Karten- oder Handyzahlung nutzbar, ausserdem gibt es viele Geschäfte die ebenfalls nur diese Zahlungsform anbieten- ich füge mich notgedrungen.
Dann sind wir endlich an der Nordsee, erstmals seit 2019. Wir wandern durch die schönen Dünen zum Hundestrand und machen einen Tag am Meer. Es gibt keinen Schatten und die Sonne brennt, wir bräuchten einen Sonnenschirm, haben wir aber nicht. Wenigstens Jonny ermögliche ich ein kleines Schattenplätzchen. Auf dem Rückweg müssen wir zu lange auf den Bus warten, schließlich noch die Tageseinkäufe und um 1958 Uhr klingt der Tag mit Bier vorm Zelt langsam aus.

Tag 7
Nach der Tagestour gestern machen wirs heute wieder entspannt. Platzalltag und schließlich eine schöne Runde durch die Umgebung. Es ist Sonntag aber die Geschäfte haben geöffnet. Wir schlendern durch ein grosses Sportgeschäft und ich informiere mich über die heutigen Hockeyschläger, darf sogar auf einem kleinen Indoorcourt welche ausprobieren. Ich bin beeindruckt, auch über die Preise, aber vor allem das moderne Material- keinerlei Holz mehr!
Dann kleide ich mich noch in Oranje ein!

Tag 8
Heute haben wir was vor! Amsterdam! Zug nach Leiden Hauptbahnhof, Umstieg nach Amsterdam Hauptbahnhof. Touristeninformation und los ins bunte Treiben. Wir haben Glück, nach durchwachsenen Wetter zum Tagesstart entwickelt es sich prächtig. Alles ist bunt und verrückt, wir lassen uns treiben und irgendwann sind wir dann mittendrin, im Flow sozusagen. Man muss hier keine Drogen konsumieren um high zu werden, vielleicht ists die gute Luft. Nach 8 Stunden kommen wir glücklich und erschöpft nach Hause. Im Gepäck viele bunte Fotos und Erinnerungen.

Tag 9
Der gestrige Tag lässt sich am Besten im Grünen verarbeiten. Wir besuchen die Tiere der kleinen nahegelegenen Gastrofarm und genießen unser Urlaubsleben in vollen Zügen- Eis darf da nicht fehlen, natürlich nur mit Bankkarte zu bezahlen.

Tag 10
Wir haben ein kleines morgentliches Ritual: Der Snoopy des Tages. Ich lese jeden Tag eine zufällig ausgewählte Seite aus meinem Snoopy-Reclamheft.
Heute gehts nochmal nach Leiden, um die Rückfahrkarten nach Hannover zu buchen. Das geht schnell und wir schlendern den ganzen Weg vom Hauptbahnhof, quasi dem anderen Ende der Stadt, zurück, diesmal nicht durch den Kern von Leiden, sondern aussenherum. Das ist optisch genausoschön wie die Innenstadt, aber viel ruhiger und gemütlicher.

Tag 11
Letzter Tag Leiden, letzter Tag Niederlande, morgen solls zurück nach Hannover gehen, noch ein paar Tage ausgiebig im See schwimmen. 
Heute wollen wir auch schon mal eine Wanderung zu einem See machen: Vlietland. Immer am Kanal hin, schwimmen und wieder zurück. 
Ja ja, die Fahrradfahrer! Die sind in den Niederlanden genauso gefährlich wie die Autos, ausserdem dürfen auch Roller und Motorräder über die Fahrradwege fahren, es sind also kleine Strassen für Zweiräder. Darunter rasen viele als gäbs kein morgen mehr. Als Fussgänger hat man nicht viel Platz und schlechte Karten. Da war wieder die Geschichte von Jonny und dem an der Leine laufen, aber das ist mittlerweile fast ein running Gag. Man gewöhnt sich, es geht, es muss. Ich sorge für möglichst viele entspannte Passagen ohne Leine als Gegengewicht.

Tag 12
Reisetag zurück nach Hannover, von wo wir gekommen sind, zurück ins Mauseloch. Wir verabschieden uns nach 9 Tagen dankbar von diesem Campingplatz, der uns viel Freude und Entspannung bereitet hat und inklusive der Betreiber und der wechselnden Gäste ein gutes zu Hause war. 
Es läuft gut, wir nehmen einen Zug früher als geplant und haben dadurch beim Umstieg in Hengelo Zeit für einen Cafè in der Fussgängerzone. In Hannover alles beim alten, aber fiese fiese blutige Mücken. Beim Abendründchen lasse ich gegen unsere Gewohnheit auf diesem Platz Jonny frei laufen. Prompt tadelt uns der Platzwart, ich bin einsichtig und er relativiert auch gleich mit der Aussage, dass er wisse wie's ist, er hätte selber einen Hund.

Tag 13
Aufwachen nach der Rückkehr. Hier gibt es morgens keinen Cafè auf dem Platz. Deshalb nutzen wir die Morgenrunde, um lecker Cafè beim Bäcker an der Hauptstrasse Arnum zu genießen. Ich gehe schon Vormittags schwimmen, wir genießen den Tag und nachmittags ein grosses Eis im Eiscafè. Abends wieder eine Runde schwimmen, dann Regen, aber der kann uns nichts, nur den Mücken!

Tag 14
 Das Wetterglück bleibt uns weiter treu. Beim heute kalt angerührten Morgencafè grüsst mich der Platzwart freundlich und wir wünschen uns gegenseitig einen schönen Tag.Wir machen eine kleine Rundwanderung durch die Seenlandschaft, die früher ein Kiesabbaugebiet war. Daran erinnert wirklich gar nichts mehr. Auch nicht daran, dass beim Bau der U-Bahn Hannover das entfernte Erdreich hier abgeladen wurde. Das erfahre ich alles von den zahlreichen freundlichen Dauerbewohnern des Platzes, von denen ich manche schon vom letzten Jahr kenne. Die flanieren am Abend entweder an unserem Zelt vorbei oder vollziehen ihr Baderitual. Durch den Hund kommt man immer schnell ins Gespräch. Auch bei Durchreisenden, die oft nur für eine Nacht bleiben, ists immer spannend zu erfahren, welche Touren?, wieviele Kilometer am Tag?, etc. 
Auch ich schwimme wieder am Vormittag und gegen Abend.
Wir planen noch etwas! Das solls noch nicht gewesen sein mit unserer Tour 2024. Ich will noch einen kleinen Abstecher nach Lübeck/Ostsee einbauen, für Recherche und Fahrkarten wollen wir morgen nach Hannover in die Stadt. Mal guck'n!

Tag 15
Wir fahren mit dem Bus in die Stadt und besuchen erstmal ein Internetcafè. In Lübeck gibt es zwei gutgelegene Campingplätze, einen nahe der Innenstadt und einen bei Travemünde, d.h. in der Nähe der Ostsee. Ich mache mir keine Sorgen mit kleinem Zelt und Hund dort einen Platz zu bekommen, die Preise sind gut und so buche ich kurz darauf die Bahntickets für morgen Mittag mit Umstieg in Hamburg.
Zurück in Arnum genießen wir den Tag mit schwimmen und entspannen. Ein wenig aufgeregt bin ich vor einem Reisetag immer. Ein Gesichtstatowierter Vater hatte am Vormittag mit seiner kleinen Tochter, vielleicht 6 oder 7 Jahre alt, etwa 20 Meter neben uns ein kleines Zelt aufgeschlagen. Ich verfolgte und bewunderte von Beginn die liebevolle Art, mit der die  beiden miteinander umgingen. 
Nach dem ersten, zweiten Bier mache ich es mir einfach und pinkel, um nicht den langen Weg zu den Toiletten gehen zu müssen, in die Büsche. Es hatte ja viel geregnet, es war niemand in der Nähe- kurz, ich dachte mir nichts Böses. Kaum wieder vor dem Zelt Platz genommen erteilt mir der Platzwart, der wie aus dem Nichts auf einem Stand-Up-Paddle-Board auf dem See in Ufernähe erschien, eine harte Ansage. Wenn er das noch einmal sähe, würde ich sofort hochkant vom Platz fliegen. Aufgrund der härte der Ansprache war ich sofort klein mit Hut und zeigte mich komplett einsichtig, das Risiko wollte ich nicht eingehen.
Später dann noch Abendründchen mit Hündchen, ohne Leine, war ja nichts los auf dem Platz. Wieder der Platzwart um die Ecke, ich solle sofort meine Sachen packen und den Platz verlassen, andere Platzbewohner hätten von der anderen Seeseite mein Büschepinkeln beobachtet und telefonisch bei den Platzchefs gemeldet, Hausrecht usw. Ich wusste nicht was geschieht, fragte zweimal nach, ich wäre morgen Früh ja sowieso weg, er hätte gesagt, wenn es noch einmal passierte, was nicht der Fall war, der leinenlose Hund wars nicht, sondern das Pinkeln- ich weigerte mich und konnte nicht glauben, dass das gerade Wirklichkeit war. "Ja, dann rufen sie die Polizei!", antwortete ich ihm auf seine Drohung mit der Polizei. Ich konnte mir erstens nicht vorstellen, dass er diese wahrmachen würde und zweitens nicht, dass die Polizei nicht schallend über diesen Quatsch lachen würde. Trotzdem war ich komplett durchgerüttelt, berichtete meinen lieben Zeltnachbarn von den Vorkommnissen und bat den Vater mir Bescheid zu sagen, sollte er die Polizei kommen sehen. Ich zog mich ins Zelt zurück. 
Und: Unglaublich!, wenig später rief er mir zu, dass meine Freunde kämen. Ich verließ das Zelt und ein Polizeiauto rollte den schmalen grünen Streifen zwischen See und Büschen auf mich zu. Ausweis- Belehrung- Hausrecht usw. Auch der Platzwart war vor Ort, ich hatte keine Chance, es war absurd und schon dunkel. Etwa eine Stunde packte ich unsere Sachen im Schein der Polizeiautoscheinwerfer. Die Nacht sollte trocken bleiben, die Polizisten stimmten noch Fotos zur Erinnerung zu, liehen mir noch kurz ihre Taschenlampe und gaben mir den Tip ein kleines Wäldchen in der Nähe als Nachtlager zu wählen. Sollte diese Nacht noch etwas passieren, hätten sie die ganze Nacht Dienst und wüssten dann schon Bescheid. 
Jonny was not amused!
Ich glaube nicht, dass Platzbewohner sich bei den Chefs beschwert hatten, ich glaube der Platzwart hat selbst um das O.k. bei den Chefs angefragt, mich vom Platz werfen zu können.
Ich verabschiede mich noch von meinen Zeltnachbarn und sage dem kleinen Mädchen, dass sie einen super Papa hat, worauf sie bezaubernd antwortet: "Und Jonny hat ein super Herrchen"

...to be continued...


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